Drei Fragen an Lara
Katja von der Kinderkrebshilfe Mainz: Liebe Lara, vielen Dank, dass du dir die Zeit für uns nimmst! Erzähl doch erst einmal kurz: Wann und wie wurde deine Krankheit festgestellt?
Lara: Meine Mama hat bei mir Petechien (kleine rote Punkte am Oberkörper) entdeckt, wir sind dann zum Arzt gegangen. Die Diagnose haben wir am 23. November 2016 bekommen. Ich hatte Leukämie (ALL). Mama hatte geweint, ich habe aber erst mal nicht verstanden warum. Papa hat mir dann erklärt, dass ich sehr krank bin. Ich musste direkt für die nächsten 4 Wochen im Krankenhaus bleiben und habe sofort mit der Therapie begonnen.
Katja: Und Weihnachten ging es dann wieder nach Hause?
Lara: Ja, wir hatten Glück und ich durfte nach dem ersten großen Chemo-Block über Weihnachten nach Hause. Den Weihnachtsbaum hatten wir (wegen möglicher Keime) vor das Wohnzimmerfenster gestellt und er war sogar eingeschneit und ist bei Wind und Schnee dauernd umgefallen.
Leider waren Mama und meine Schwester krank, deswegen habe ich nur mit Papa Weihnachten gefeiert. Meine Schwester und Mama haben wir zu Oma und Opa geschickt.
Katja: An was erinnerst du dich, wenn du an die Krankenhauszeit denkst – was hat dir gutgetan und geholfen?
Lara: Da gibt es ein paar Dinge, zum Beispiel:
- Mit Carola im Spielzimmer zu spielen bzw. wenn ich isoliert war und Carola mich im Isolationszimmer besucht hat.
- Besuch von meinen Freunden, meiner Tante und immer wieder Omas und Opas!
- Mit Dreirad oder Bobbycar über den Flur zu sausen, Mama und Papa mussten mit dem Infusionsständer hinterherlaufen.
- Mit Hubert zu musizieren, Sport auf der Station, Vorleseaktion und natürlich ‚Fruchtalarm‘!
Das Krankenhausessen fand ich furchtbar, deswegen haben wir in der Elternküche selbst gekocht oder Brigitte vom Förderverein hat gekocht und gebacken. Manchmal hat Papa auch Essen vom Asiaten oder Döner geholt… und wenn es doch einmal das Krankenhausessen war, haben wir dem einfach Namen gegeben, dann ging’s besser. Zum Beispiel: Brot mit ‚Jürgen‘-Wurst! :-)
Drei Fragen an Laras Eltern
Katja: Klingt, als hättet ihr das Beste aus der Situation gemacht?
Laras Eltern: Auf der Station war die Grundstimmung von Patienten, Pflegern, Ärzten und Eltern immer gutgelaunt und positiv. Es gab so gut wie nie schlechte Laune. Wir haben im gesamten Therapieverlauf viele nette Leute kennengelernt. Wir hatten immer den Rückhalt von Familie, Freunden und Arbeitgebern, die uns in dieser Zeit sehr unterstützt haben.
Die Situation im Krankenhaus hat eine sehr intensive gemeinsame Zeit zum Spielen, Lernen und Lachen (und manchmal auch Weinen) zwischen Lara und uns ermöglicht, die so in einem regulären Alltag nie denkbar und möglich gewesen wäre.
Katja: Welche Ratschläge könnt ihr für Familien weitergeben, die aktuell in einer sehr akuten Phase sind?
Laras Eltern:
- Die Krankheit und die Therapie ehrlich und kindgerecht mit dem Kind besprechen, damit das Kind versteht, was passiert und dass man dagegen etwas tun kann. Nichts verschweigen und nichts beschönigen! Wir glauben, und haben mit Lara die Erfahrung gemacht, dass Kinder damit umgehen können, wenn sie die Situation verstehen, wenn der Krebs nicht mehr eine unfassbare, unvorstellbare Größe hat, sondern für sie begreifbar und damit angreifbar und bekämpfbar wird.
- Die Krankheit und die Therapie mit vielen kleinen Schritten angehen. Immer nur den nächsten Schritt in Angriff nehmen, dann sind das ’nur‘ viele kleine Ziele, die man erreichen muss. Nicht ein großes, das unerreichbar weit weg erscheint.
- Man sollte sich nur auf das Gute konzentrieren. Es ist nichts nur schlecht. Diese ohne Frage richtig schwierige Zeit hatte für uns viele kleine positive Nebeneffekte. Und das immer noch. Man muss sie nur in den Fokus rücken. Wir haben durch die Krankheit gelernt, uns gut zu organisieren, wir können flexibel auf alle Widrigkeiten reagieren. Corona hat uns deswegen gar nicht so hart getroffen, Hygiene, Maske, Abstand, Dinge kurzfristig absagen und umplanen – das hatten wir alles schon geübt!
Katja: Wie kann man Lara heute beschreiben – was macht und mag sie gerne?
Laras Eltern: Lara ist wieder ein ganz normales Kind! Sie geht gerne zur Schule und ist eine gute Schülerin. Sie hat tolle Freunde und liebt es draußen zu spielen, Rad zu fahren, sie liest gerne und viel. Die überstandene Krebserkrankung spielt für sie keine Rolle mehr, sie will sich eigentlich auch gar nicht mehr mit dem Thema beschäftigen. Das Kapitel ist momentan für sie völlig abgeschlossen.
Durch Krankheit und Therapie ist sie vielleicht etwas reifer und disziplinierter als andere Kinder ihres Alters. Dabei ist sie aber nicht ernst, sondern sehr fröhlich, begeisterungsfähig und lebensbejahend.
Von der Krankheit und der Therapie sind geblieben, dass Lara nichts mehr isst, was künstliche Aromen und Geschmacksstoffe enthält, keine Gummibärchen, keine Lollis und auch kein billiges Eis. Außerdem trägt sie seit ihrer Zeit ohne Haare eine Mütze, wann immer es geht.
Katja: Vielen lieben Dank für diese spannenden Mutmacher-Eindrücke! Im Namen des gesamten Kinderkrebshilfe-Teams weiterhin so viel Kraft und positive Energie!
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