Wenn Menschen ihr Heimatland aufgrund von Krieg verlassen müssen, ist das ohnehin schon traumatisierend. Kommt dann noch eine Krebserkrankung des Kindes hinzu, ist das für geflüchtete Familien eine psychische Belastung, die kaum in Worte zu fassen ist: Ein fremdes Land, eine fremde Sprache, die Sorgen und Ängste, die mit der Flucht aus dem Heimatland verbunden sind und das eigene Kind, das an einer lebensbedrohlichen Krankheit erkrankt ist. Umso wichtiger ist es, diese Familien bestmöglich zu unterstützen.

Klara Höhn ist studierte Motologin und Psychologin und in dieser Position seit 2022 am Kinderonkologischen Zentrum aktiv.

Frau Höhn, eine geflüchtete ukrainische Familie mit einem krebskranken Kind ist in Deutschland angekommen. An welcher Stelle nimmt die psychosoziale Versorgung durch die Klinik ihre Arbeit auf?

Hier kommt es ganz auf die Umstände an. Bei einer Familie, die ich begleitet habe, begann das psychosoziale Angebot mit dem Transfer vom Flughafen in die Klinik. Ich habe die Familie mit der Ankunft in Deutschland in Empfang genommen. Die Mutter kam mit ihrem 4-jährigen Kind nach Deutschland, da die Behandlung, die das Kind benötigte, in der Ukraine nicht stattfinden konnte. In diesem Fall kam es zu einer Trennung der Familie durch die Behandlungssituation. Ich habe zunächst nur organisatorische Dinge mit der Mutter besprochen und spielerisch versucht, Kontakt zu dem Kind aufzubauen.

Welche Schritte wurden als nächstes eingeleitet, um die Familie in dieser schweren Situation zu unterstützen?

Primär ist es wichtig, im ersten Schritt ein Sprachmedium zu finden: das kann Kommunikation über eine Übersetzungssoftware sein oder aber die Bereitstellung einer Person, die dolmetscht. Bei der exemplarischen ukrainischen Familie hat eine Kollegin sich um die Fragen zur Anmeldung und Versicherung der Familie gekümmert, damit die Behandlung gewährleistet werden konnte. Man kann also sagen, dass in diesem Fall (wie auch ohne den Fluchthintergrund) zunächst eine Stabilisierung über organisatorische Aspekte relevant sein kann. Die Unterstützung bei der Orientierung in einem Land, welches fremd ist, kann eine erste Brücke bauen und das initiale Belastungserleben etwas verringern.

Welche besonderen Herausforderungen entstehen im Umgang mit geflüchteten Familien und den kleinen Patient*innen und welche Wege werden gefunden, um diese zu bewältigen?

Bei Familien, die auf eine übersetzende Person angewiesen sind, besteht oftmals eine größere Hürde sich in einem Gespräch zu öffnen. Manchmal reicht es, wenn man gemeinsam banale Dinge tut, wie etwa einfach nebeneinander zu sitzen oder auf das Kind aufzupassen, während die Mutter einkaufen geht. Anfangs kennt man die Geschichte der Familie nicht. Es ist also wichtig, offen für die Geschichte zu sein, welche die Familie in unser Zentrum führt, um individuell auf die Sorgen und Bedürfnisse der Familien eingehen zu können.

Gibt es weitere Hürden?

Bei Familien, welche aus einem anderen Land kommen, um eine Behandlung in Anspruch nehmen zu können, kann eine weitere Hürde die kulturelle Prägung sein. Es ist also umso wichtiger, kultursensibel vorzugehen und mit viel Offenheit und Neugierde auf die Familien zuzugehen. Irritationen, die gegebenenfalls aus Perspektive der Familie aber auch aus unserer Perspektive auftreten können, müssen angesprochen werden und die Familien müssen aktiv eingebunden werden, um gemeinsam Lösungen für Herausforderungen und eventuelle Schwierigkeiten zu finden. In manchen Fällen reicht es, immer wieder zu signalisieren, dass man ansprechbar ist, oder von Zeit zu Zeit nachzufragen, wie der aktuelle Stand ist und ob die Familie etwas benötigt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es essentiell ist, den Familien das Gefühl zu geben, dass sie trotz kultureller und sprachlicher Unterschiede und Hürden verstanden werden und sie eine Anlaufstelle haben, die ihnen zuhört und Halt gibt.