Wenn ein Kind die Diagnose Krebs erhält ist das für die gesamte Familie ein Schock; das Leben teilt sich in ein „Davor“ und „Danach“. Therapiepläne und Krankenhausaufenthalte geben von nun an für viele Monate, teils Jahre, den Takt vor. Die kleinen und größeren Patient*innen und ihre Angehörigen sind mit vielen neuen Herausforderungen, Belastungen und Ungewissheiten konfrontiert. In dieser außergewöhnlichen Situation sind Sorgen, Ängste sowie das Erleben von Überforderung und Kontrollverlust ganz normale Reaktionen.

Umso wichtiger ist es, die Patient*innen, aber auch Eltern und Geschwisterkinder, psychologisch bestmöglich zu betreuen, sie in dieser schweren Zeit zu begleiten und ihnen gegebenenfalls zu helfen, mit dem veränderten Alltag umzugehen. Die Kinderkrebshilfe Mainz unterstützt die psychosoziale Betreuung am Kinderonkologischen Zentrum in Mainz schon seit vielen Jahren, beispielsweise durch die Finanzierung von zusätzlichem Personal, wie im Falle von Klara Höhn, Projekten und Ausflügen.

Wie sich die psychosoziale Versorgung im Detail gestaltet, das erläutert Psychologin Klara Höhn in einem dreiteiligen Interview:

Klara Höhn ist studierte Motologin und Psychologin und in dieser Position seit 2022 am Kinderonkologischen Zentrum aktiv.

Frau Höhn, Sie arbeiten als Psychologin und betreuen krebskranke Kinder und Jugendliche sowie deren Familien am Kinderonkologischen Zentrum der Universitätsmedizin Mainz. Wie ist das psychosoziale Betreuungsangebot aufgebaut?

Das Angebot des Psychosozialen Dienstes gehört zur Standardversorgung am Kinderonkologischen Zentrum in Mainz. Das psychosoziale Team ist multiprofessionell aufgebaut, dazu gehören eine Ärztin für Palliativmedizin, Pfleger*innen, Sozialarbeiter*innen, Psycholog*innen, eine Lehrerin, eine Familien- und Trauerbegleiterin und ein Seelsorger, eine Kunsttherapeutin sowie eine Musiktherapeutin und Sporttherapeut*innen.

Welche Rolle spielt die Psyche bei einer Krebserkrankung?

Eine Krebsdiagnose stellt eine äußerst belastende und herausfordernde Erfahrung dar, die nicht nur Einfluss auf die körperliche Gesundheit, sondern auch auf das emotionale, psychische und soziale Wohlbefinden aller Betroffenen nimmt.

Was sind die ersten Schritte, die Sie unternehmen, wenn neue Patient*innen im Kinder-onkologischen Zentrum aufgenommen werden?

Zu Beginn der Behandlung an unserem Zentrum arbeiten wir aufsuchend, was bedeutet, dass wir uns bei allen neuen Familien vorstellen und unser Angebot beschreiben.

Können Sie uns einmal exemplarisch aufzeigen, wie das im Detail aussieht?

Ja, gerne. Exemplarisch für mich als Psychologin sieht das Angebot folgendermaßen aus: Ich bekomme die Information über eine neue Familie in meiner täglichen Besprechung mit den Ärzt*innen. Ich suche den/die neue Patient*in und seine/ihre Eltern auf und stelle mich zunächst einmal vor. Dann beschreibe ich, genau wie hier, dass es zum Versorgungsangebot dazu gehört, dass die Kinder und Jugendlichen nicht nur medizinisch-körperlich behandelt werden, sondern, dass auch ihr psychisches Wohlbefinden eine große Rolle spielt, wenn es um den Behandlungsprozess einer onkologischen Erkrankung geht. Dann erhebe ich psychosoziale Ressourcen und Belastungsfaktoren; je nach Alter zunächst allein mit den Patient*innen, anschließend gemeinsam mit den Eltern.

Welche Erfolge können durch die psychosoziale Betreuung erzielt werden?

Die Begleitung schafft einen sicheren Raum für die verschiedenen Gefühle, die im Zusammenhang mit der Extremsituation auftreten können. Sie bietet die Möglichkeit, neue Strategien im Umgang mit diesen Gefühlen zu erarbeiten. In der Folge kann das Belastungserleben reduziert werden. Die Beziehungsarbeit steht dabei besonders im Fokus. Wenn in einer so belastenden Situation wie einer Krebserkrankung aufkommende Hilflosigkeit, Ängste oder andere Gefühle angeschaut werden und ein guter Umgang mit diesen gefunden werden kann, kann das Risiko für spätere psychische Folgeerkrankungen gesenkt werden.