Kinderkrebstag_2022

#Weltkinderkrebstag: Psychosoziale Versorgung im Fokus

Der 15. Februar gilt als internationaler Kinderkrebstag. An diesem Datum stehen Themen rund um Krebserkrankungen im Kindes- und Jugendalter im Fokus. Zahlreiche Organisationen informieren heute z.B. über die optimale Versorgung der jungen Patient*innen, Therapiemöglichkeiten und Forschung zur Verbesserung von Früherkennung und Heilungschancen.

Die Kinderkrebshilfe Mainz e.V. möchte diesen Tag zum Anlass nehmen, um über die psychosoziale Versorgung im Rahmen der Krebstherapie zu sprechen. Die Diagnose Krebs ist ein schwerwiegender Einschnitt in das Leben der jungen Patient*innen und ihre Angehörigen. Eine professionelle Hilfe in dieser außergewöhnlichen Belastungssituation ist von zentraler Bedeutung, um eine erfolgreiche Therapie zu gewährleisten. Sozialarbeiter*innen begleiten die Kinder und ihre Familien bei der Krankheitsbewältigung und in akuten Krisensituationen. Sie helfen den Patient*innen und Familien, sich in ihren neuen Alltag einzufinden, können auch bei organisatorischen und sozialrechtlichen Fragen zur Seite stehen.

Eine Krebserkrankung ist nicht nur eine körperliche, sondern auch eine seelische Belastung. Zur ganzheitlichen Therapie, der Prävention von psychischen Folge- und Begleiterkrankungen sowie dem Erhalt der Lebensqualität der Kinder und Jugendlichen ist die psychosozialen Versorgung unerlässlich. Daher freuen wir freuen uns, dass wir den Ausbau der psychosozialen Versorgung am kinderonkologischen Zentrum der Universitätsmedizin Mainz vorantreiben können und gemeinsam mit der Horst und Ursula Risse Stiftung die Finanzierung einer Personalstelle in der psychosozialen Versorgung übernehmen. Lea Bornhofen wird ab dem 01.03.2022 als Sozialarbeiterin im kinderonkologischen Zentrum Mainz tätig sein. Vorab hat sie uns in einem Interview schon einmal von ihrem bisherigen Werdegang und ihren bevorstehenden Aufgaben berichtet:

Liebe Frau Bornhofen, im März starten Sie als Sozialarbeiterin im Kinderonkologischen Zentrum der Universitätsmedizin Mainz. Stellen Sie sich und Ihren bisherigen Berufsweg doch gerne einmal kurz vor.

Mein Name ist Lea Bornhofen, ich bin 25 Jahre alt. Nach meinem Abschluss der Fachhochschulreife mit dem Schwerpunkt „Gesundheit und Soziales“ habe ich ein Freiwilliges soziales Jahr in der kinderonkologischen Ambulanz der Universitätsmedizin Mainz absolviert. Anschließend führte mich mein Weg nach dem erfolgreichen Abschluss des Studiums der „gesundheitsbezogenen sozialen Arbeit“ zum deutschen Kinderschutzbund. Hier habe ich erste, sehr wertvolle Erfahrungen im Berufsfeld der Sozialpädagogik gesammelt.

Sie sind im Kinderonkologischen Zentrum keine Unbekannte. Im Jahr 2015 haben Sie Ihr freiwilliges soziales Jahr dort absolviert. Wie haben Sie diese Zeit erlebt und was hat Sie dazu bewegt, nun zurückzukehren?

Beantworten möchte ich diese Frage zunächst mit einem Zitat meiner Eltern „Du hast dein FSJ als Mädchen begonnen und als junge Frau beendet.“ Dieses Zitat zeigt schon, was dieses Jahr für meine persönliche Entwicklung bedeutet hat. Ergänzend hierzu habe ich tolle Menschen kennengelernt. Hieraus haben sich auch über Jahre persönliche Bindungen ergeben. Nicht zu vergessen die vielen Erlebnisse mit den kleinen Patient*innen und ihren Eltern. Einmalig! Es ist mir damals schon schwer gefallen zu gehen. Daher habe ich den Kontakt zum kinderonkologischen Zentrum stets gepflegt. Nach meinem Studium sammelte ich erste Erfahrungen beim deutschen Kinderschutzbund, immer jedoch mit einem Blick in Richtung Kinderonkologie. Ich wusste immer, dass ich eine Chance zurückzugehen jederzeit nutzen würde. Mit meiner neuen Erfahrung möchte ich das kinderonkologische Zentrum, wie ich es aus meinem FSJ kenne, noch einmal neu erleben und bereits bestehende Erfahrungen vertiefen, sowie weitere neue Erfahrungen sammeln und unbedingt wieder Kontakt zu den schwer kranken Patient*innen haben, um Gutes für sie zu tun. Ich freue mich sehr auf die bevorstehende spannende Zeit und viele schöne Momente sowie Momente des Helfens.

Gab es vielleicht einen besonderen Moment während Ihres FSJ, an den Sie sich gerne zurückerinnern?

Es gab sehr viele beeindruckende, emotionale und auch berührende Momente. Diese waren jedoch nicht immer von positiver Stimmung und Hoffnung geprägt. Ein für mich sehr besonderer Moment war die „Einladung“ zu einer Beerdigung. Ich hatte das damals 3-jährige Mädchen, die Eltern und auch Großeltern bis zum Tod begleitet. Zusammen mit der Familie durfte ich dann Abschied nehmen. Es war für mich ein sehr schwerer, emotionaler, aber unvergesslicher Moment den kleinen Sarg zu sehen, welcher mit den bunten Pflastern beklebt war, welche das kleine Mädchen damals als Belohnung zur Tapferkeit von mir bekommen hatte. Bis heute habe ich Kontakt zu dieser Familie. Das zeigt mir, wie wichtig ich ihnen war und immer noch bin und vor allem wie bedeutend meine geleistete Arbeit für sie, insbesondere für das Kind, war.

Aber auch an die vielen „Rennen“ mit den Fahrzeugen auf dem Klinikflur erinnere ich mich gerne zurück.

Nun kehren Sie als ausgebildete Sozialarbeiterin nach Mainz zurück. Vielleicht können Sie uns einen kleinen Einblick in Ihren zukünftigen Arbeitsalltag in der Kinderonkologie geben? Welche Aufgaben werden Sie haben? Wie werden Sie mit den Patient*innen arbeiten? Welche Ziele haben Sie?

HELFEN und GUTES TUN. Das sind meine wichtigsten Ziele. Diese gelten sowohl in Richtung der Patient*innen als auch des Kollegiums. Ich freue mich riesig darauf, (alle) unterstützen zu dürfen. Insgesamt wünsche ich mir eine gute Zusammenarbeit mit den Patient*innen und deren Familien, den Kolleg*innen und selbstverständlich auch mit der Kinderkrebshilfe. Künftig werde ich insbesondere ein Teil des psychosozialen Dienstes sein, in dem es unter anderem darum geht, für die Patient*innen und deren Angehörige als Ansprechpartnerin und Unterstützung vor Ort zu sein. Auch die Anamneseerhebung und die sozialrechtliche Beratung sind hier als wesentliche Aspekte meiner zukünftigen Arbeit zu nennen. Mein Ziel ist es, gemeinsam in einem multiprofessionellen Team neue Wege zu erdenken und die Patient*innen im Prozess von der Verdachtsdiagnose bis zum Ende der Nachsorge umfassend zu begleiten sowie zu unterstützen.

Sie haben auch bereits in anderen Bereichen Berufserfahrung gesammelt. Unterscheidet sich Sozialarbeit mit an Krebs erkrankten Kindern hiervon? Auf was muss besonders Wert gelegt werden?

Ja, die Sozialarbeit im Bereich der Kinderonkologie ist eine „andere“ Sozialarbeit. Zunächst ganz wesentlich durch den Kontext „Klinik“ und „Krankheit“. Dies schränkt auf der einen Seite ein, bietet aber auch unglaubliche Chancen. Schon allein dadurch, dass meine Arbeit hier von den Patient*innen und deren Familien gewollt und geschätzt wird, meistens auch Erfolge bringt und ganz wichtig: lachende Kinderaugen. Die Diagnose „Krebs“ bedeutet zunächst einmal eine existenzielle Bedrohung für alle Familienangehörigen, viele Momente der Ungewissheit, des Hoffens und Bangens. Kinder werden, für zunächst unbestimmte Zeit, aus ihrem bisherigen, alltäglichen Lebenskontext gerissen, von heute auf morgen ist „alles“ anders. Die „Normalität“ wird eine andere. Dies ist in „anderen“ Bereichen der Sozialarbeit eher seltener der Fall. Besonderer Wert muss daraufgelegt werden, dass Kinder ihre Eltern oft vor der Kommunikation über die „schlimmen Themen“ verschonen wollen. Umso wichtiger ist es daher, den schwerkranken Kindern als offener, vertrauensvoller Gesprächspartner und den Eltern folglich als Unterstützung zur Verfügung zu stehen, wenn es in Gesprächen mit den Kindern beispielsweise um schwere Themen wie Krebs, Sterben, Tod, Trauer und Ungewissheit geht. Die klinische Sozialarbeit rückt persönliche und soziale Ressourcen in den Vordergrund. Sie ist eine psychosoziale Beratung, verstanden als eine reflektierte Intervention, in Form von Beziehungsarbeit.

Vielen Dank für das Interview, Frau Bornhofen! Wir wünschen Ihnen einen schönen Start und freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Ihnen!