„Der Mensch steht immer im Mittelpunkt“ – Auf Wiedersehen, Lissi!

Bei der Behandlung von krebskranken Kindern spielen nicht nur die medizinische Versorgung, eine professionelle technische Austattung oder die neusten Forschungen eine wichtige Rolle – einer der bedeutendsten Faktoren ist auch der menschliche Umgang. Entscheidend für diesen ist das Pflegepersonal. Elisabeth Limburg, von ihren Kolleg*innen und Patient*innen auch liebevoll Lissi genannt, ist gelernte Kinderkrankenschwester und arbeitet seit 32 Jahren im Kinderonkologischen Zentrum Mainz (KIOZ). Sie behandelt und unterstützt Patient*innen sowie deren Angehörige. Seit vier Jahren ist sie die pflegerische Leitung des Zentrums. Zu ihrem baldigen Ruhestand gibt sie uns einen Einblick in ihren Werdegang und zeigt, mit wie vielen Emotionen und Geschichten diese Arbeit verbunden ist.

Frau Limburg, im August gehen Sie in Ihren wohlverdienten Ruhestand. Was überwiegt – die Vorfreude auf den neuen Lebensabschnitt oder die Trauer über den Abschied?

Ich verlasse die Universitätsmedizin Mainz mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Natürlich werden mir die Kolleg*innen und Patient*innen sowie deren Angehörige fehlen. Allerdings bin ich auch sehr froh darüber, den Ruhestand gesundheitlich fit antreten zu dürfen.

Fast 32 Jahre ist es nun her. Können Sie sich noch an Ihren ersten Arbeitstag im Kinderonkologischen Zentrum hier in Mainz erinnern? Hätten Sie sich damals vorstellen können, dass Sie auch Ihren letzten Arbeitstag auf dieser Station verbringen werden?

An meinen ersten Arbeitstag kann ich mich noch sehr genau erinnern. Die Kinderonkologie war primär nicht meine Wunschstation aufgrund von Berührungsängsten mit der Thematik. Also nein – meinen letzten Arbeitstag habe ich dort definitiv nicht gesehen. Doch das hat sich schnell geändert, denn mein Start war einfach überwältigend. Das Ausmaß an Pflege und Medizin hat mich massiv beeindruckt und durch die langsame und professionelle Einarbeitung konnte ich mich gut an die Thematik herantasten und mich mit ihr auseinandersetzen.

Es folgte die Akzeptanz, dass Leben und Tod nun einmal zusammengehören und daraus der Anspruch an mich selbst, professionelle Pflege im eigenen Berufsleben an oberste Stelle zu setzen!

Nach ungefähr sechs Monaten fühlte ich mich in der Abteilung angekommen. Meine Aufgaben bestanden von nun an vor allem darin, Hilfe für Patient*innen und Familien zu sein, sie zu unterstützen und meine neuen Kolleg*innen gut anzuleiten. Mit jedem Patienten und jeder Patientin, die man betreut, wächst die eigene Pflegeerfahrung. Das Arbeiten am KIOZ ist ein beständiges Geben und Nehmen – von Pflege und Angehörigen gleichermaßen.

Was hat sich von damals zu heute in Ihrem Arbeitsumfeld verändert?

Um mit etwas Positivem zu beginnen: Der Outcome der Patient*innen hat sich deutlich verbessert. Leider überwiegen insgesamt eher die negativen Entwicklungen: Die Wertschätzung der Pflege hat noch mehr abgenommen und bürokratische Bedingungen wie eine erhöhte Dokumentationspflicht und Abrechnungen sind enorm gestiegen. Der Patient oder die Patientin stehen leider nicht mehr so stark im Mittelpunkt. Unverändert schön geblieben sind allerdings die Aspekte meiner Arbeit, die mich von Anfang an am meisten motiviert haben. Das pflegerische Feld und die Komplexität der Erkrankungen sind und bleiben sehr breit und der Umgang mit den Patient*innen eine echte Herzensangelegenheit. Dadurch habe ich zu jeder Zeit meiner Tätigkeit ganz, ganz viele schöne und unvergessliche Momente sammeln dürfen.

Neben unzähligen positiven Momenten haben Sie bestimmt auch schon einige traurige Schicksale hautnah miterleben müssen. Was war Ihr persönlicher Weg, mit diesen Erlebnissen umzugehen?

Ich habe immer sehr viele Gespräche geführt – im privaten Umfeld mit der Familie und dem Freundeskreis, im beruflichen Umfeld mit Kolleg*innen. Die eigene Einstellung zum Thema Tod ist die Grundlage, dafür gibt es keine Zauberformel. Jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin sollten den eigenen Weg im Umgang mit dieser Thematik finden. Mir persönlich war es besonders wichtig, eine professionelle Distanz zu bewahren ohne dabei gefühllos zu sein. Diese Erfahrung hat mein eigenes Leben relativiert, mir die Wichtigkeit des Lebens verdeutlicht und dadurch natürlich auch mein Privatleben beeinflusst.

Zu guter Letzt: Nach so vielen Jahren erfolgreicher Arbeitserfahrung – was würden Sie Ihren Kolleg*innen und zukünftigen Pfleger*innen zum Abschied mit auf den Weg geben?

Ganz klar: Das Wesentliche niemals aus den Augen zu verlieren. Der Mensch steht immer im Mittelpunkt!!!

Vielen herzlichen Dank, Frau Limburg, für dieses aufschlussreiche und bewegende Interview. Die Kinderkrebshilfe Mainz dankt Ihnen für Ihren unermüdlichen Einsatz und wünscht einen wundervollen Start in den Ruhestand. Auf dass Sie ihn zu jeder Zeit genießen können!